von Susanne Götze und Annika Joeres

Die beiden Autorinnen sind renommierte Investigativjournalistinnen, die unter anderem für Der Spiegel und Die ZEIT schreiben. In ihrem Buch zeigen sie eindrucksvoll, welchen Risiken und Abhängigkeiten sich Deutschland aussetzt, weil es weiterhin auf Öl- und Gasimporte baut. Sie decken auf, wie eng Politiker und Lobbyisten miteinander verflochten sind – und wer vom Festhalten an fossilen Energien profitiert und dabei kräftig Kasse macht.
Die Fakten sind alarmierend und spätestens seit dem Beginn des Ukrainekriegs sollte uns diese Abhängigkeit bewusst sein. Doch auch an der Energiepolitik der aktuellen „Mini-GroKo“ hat sich nichts geändert. Vielmehr gibt es die berechtigte Sorge, dass Lobbyisten und Politikerinnen aus CDU/CSU, aber auch Teile der SPD die Energiewende weiter verzögern oder gar stoppen.
Das Buch legt die Rolle von Lobbyverbänden, Stiftungen und Thinktanks offen, Sie geben sich als unabhängig aus, sind es aber oft nicht. Die Autorinnen zeigen Einblicke in Organisationen wie die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, die „Heritage Foundation“ und das „Heartland Institute“, das von den Autorinnen dem Lager der Klimaleugner zugeordnet wird – inklusive ihrer Verbindungen zur CDU. Allesamt äußern sich kritisch zur Energiewende und teilweise schüren sie Angst vor Veränderung. Und die Autorinnen nennen Namen wie Peter Ramsauer, Udo di Fabio, Clemens Fuest und Veronika Grimm und zeigen die Verbindungen zu Industrie- und Lobbygruppen auf.
Besonders die Informationen zu Veronika Grimm sind mir hängengeblieben: Sie sitzt im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und gleichzeitig seit 2003 im Aufsichtsrat von Siemens Energy – mit einer monatlichen Vergütung von 10.000 Euro. Sie hat als einzige der sog. Wirtschaftsweisen ein Minderheitenvotum zum Thema Wasserstoff als klimafreundliche Alternative zum Gas abgegeben. Mit dem Slogan „Gut fürs Klima, gut für den Geldbeutel“ bewirbt auch ein deutscher Gasnetzbetreiber das Thema Wasserstoff, obwohl Fachleute dash Heizen mit Wasserstoff als ineffizient ansehen weil es ein Vielfaches an Strom benötigt im Vergleich zu einer Wärmepumpe. Aber die Gaslobby verdient auch am Stromverbrauch.
Das Buch hat mir erneut gezeigt, wie wichtig es ist Aussagen, die wir hören oder lesen, zu hinterfragen. Seit der Lektüre stolpere ich immer wieder über Politikerstatements in Interviews oder Artikeln – und oft reicht ein kurzer Blick ins Netz, um die Verbindung zu Lobbyverbänden oder Wirtschaftsunternehmen zu erkennen.
Ich meine, das Buch ist Pflichtlektüre für alle, die wissen wollen, warum die Energiewende stockt.
und im Anschluss empfehle ich den neuen Roman von Wolfgang Schorlau

Georg Dengler ermittelt wieder – und diesmal geht’s um Windkraft und Energiepolitik
Georg Dengler, Privatermittler aus Stuttgart, hat bereits zehn Kriminalfälle für den Autor Wolfgang Schorlau gelöst. Dabei stehen stets gesellschaftspolitische Themen im Mittelpunkt – vom maroden Gesundheitswesen über Massentierhaltung bis hin zu den NSU-Morden. In seinem aktuellen Fall dreht sich alles um Windkraft, deren Gegner sowie die mächtige Gas- und Stromlobby. Das Buch spielt in der Nähe des Feldbergs, wo Denglers Mutter auf einem alten Bauernhof lebt. Sie besitzt ein Grundstück, das sich ideal für ein Windrad eignen würde. Doch die alte Bäuerin ist skeptisch: Sie hat gehört, dass viele Vögel mit den Rotoren kollidieren und sterben, und dass der Infraschall gesundheitsschädlich sein kann.
Denglers Sohn steht dagegen auf der Seite der Windkraftbefürworter. Der Autor legt ihm viele spannende Fakten über die Vor- und Nachteile der Windenergie in den Mund – so verständlich formuliert, dass selbst Denglers Mutter sie nachvollziehen kann. Besonders unterhaltsam finde ich, dass Denglers Mutter Alemannisch spricht – absolut authentisch, aber auch für Leserinnen außerhalb des Schwarzwalds gut verständlich.
Was geht auf dem Denglerhof vor? Täuscht sich die alte Frau, oder treiben sich tatsächlich fremde Personen auf dem Gelände und in der Scheune herum? Gegen Ende des Buches kommt es – ganz klassisch – sogar zu einem Mord. Und der Tod von Denglers Vater – vor vielen Jahren wird auch aufgeklärt.
Neben der spannenden Handlung erfährt man ganz nebenbei viel über die deutsche Energiepolitik, über die Hindernisse beim Ausbau erneuerbarer Energien und darüber, wer von der aktuellen Lage profitiert. Zusätzlich stellt der Autor auf seiner Homepage und im Buch weiterführende Links zu echten Quellen und Hintergrundinformationen zur Verfügung.
Diese sind ebenso lesenswert wie der Krimi selbst.
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